Ich habe mich immer am Acht-Stufen-Modell von Kotter entlanggehangelt, natürlich nicht ganz dogmatisch.
Ich habe auch versucht, Abkürzungen zu nehmen. Und Menschen, die mich kennen, wissen, dass der Spruch, den ich in dieser Zeit gelernt habe – „Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“ – wirklich absolut stimmt.
Ich habe das sehr schmerzhaft gelernt, dass das nicht der Fall ist, denn ich habe ganz kräftig an dem Gras gezogen. Es hat nichts genützt. Es ist nicht schneller gewachsen.
Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von Change-Management-Prozessen, Change-Management-Vorhaben und Grundvoraussetzung für jede Art von Veränderungsvorhaben ist:
- Die Mitarbeiter müssen dahinterstehen, und zwar mehrheitlich.
- Sie müssen die Veränderungen, die du herbeiführen möchtest, aktiv unterstützen.
Der erste Schritt besteht also immer darin, alle deine Kollegen davon zu überzeugen, dass es notwendig ist, dass es dringend ist, dass es jetzt gemacht werden muss.
Das ist dann umso schwieriger – eine echte Mammutaufgabe –, wenn es dem Unternehmen gutgeht, oder die Mitarbeiter zumindest glauben, dass es dem Unternehmen gutgeht.
Ein Beispiel:
Ich habe mal eine Firma geleitet, in der waren alle happy und feierten sich in ihren Erfolgen. Mit den Mitarbeitern wurden aber nicht die realistischen, wenn überhaupt irgendwelche Zahlen geteilt. Als ich da ankam, mit der Aufgabe vom Gesellschafter: „Das muss jetzt anders werden“, war das eine schwierige Aufgabe, denn alle waren auf dem Eiland der Glückseligkeit und hielten sich für die Besten.
Und das zu Recht, weil das Management, das vorher „in Charge“ war, wie es so schön heißt, ihnen auch dieses Gefühl gegeben hat. Dabei kann es durchaus wichtig und richtig sein, Mitarbeitern das Gefühl zu geben, auf dem richtigen Weg zu sein.
Das waren sie gegebenenfalls auch für die Strategie, die ursprünglich galt.
Aber diese Strategie ist nicht aufgegangen.
Jetzt hatte ich die undankbare Aufgabe, glücklichen, erfolgsverwöhnten Mitarbeitern zu erzählen, dass einiges nicht stimmte und dass wir uns dringend ändern mussten.
Ein Gefühl der Dringlichkeit musste ich erst erzeugen.
Und da haben wir folgende Rechnung durchgeführt: Wieviel Umsatz machen wir, was bleibt hängen und was sind die Kosten? Das haben wir den Mitarbeitern dann ganz transparent kommuniziert.
Das war eine sehr schwierige Situation, denn man will ja die Menschen nicht in Panik versetzen. Aber, haben wir mitgeteilt, das ist das, was eigentlich am Ende des Tages übrigbleibt. Und das ist übrigens weniger als das Gehalt, das die Firma euch allen zahlen muss.
Das hat einige doch geschockt.
Immerhin hat das dann wesentliche Mitarbeiter davon überzeugt, dass jetzt etwas getan werden musste.
Ich möchte ein weiteres Beispiel dafür geben, wie Dringlichkeit vermittelt werden kann.
Es handelte sich um ein Unternehmen der Reisebranche, und wer sich noch erinnert: Vor ein paar Jahren ist eine Terrorwelle über den Planeten geschwappt und hat dazu geführt, dass Urlaubs-Destinationen folgendes Problem hatten: Alles, was sich im nicht europäischen Mittelmeer befand, wurde nicht mehr so gut gebucht, und alles, was sich am europäischen Teil des Mittelmeer befand (Mallorca, Spanien etc.), das wurde noch sehr gut gebucht.
Unglücklicherweise macht man natürlich ziemlich viel Umsatz im Pauschalbereich mit der Türkei, mit Tunesien, all diesen wirklich sehr, sehr schönen Urlaubsländern.
Und das war damals ein Problem.
Dieses hat jedoch nicht etwa dazu geführt, dass die Mitarbeiter sich Gedanken gemacht und einen Änderungsbedarf gesehen hätten. Es wurde weiterhin so gearbeitet, als wenn nichts wäre. Darum haben wir das Zahlenwerk bemüht und einmal transparent dargestellt, welche Umsatz-Auswirkungen denn der Einbruch im östlichen Mittelmeer auf uns hat. So wurde deutlich, dass wir in eine Schieflage kommen würden und alle ja gar nicht wussten, wie denn das gelöst werden könnte – kurz, dass wir umdenken und uns überlegen mussten, wie unsere Absatzstrategie aussieht und wie wir das kompensieren könnten.
Und darüber hinaus – das wäre ja eher eine taktische Maßnahme – uns fragen: Wie müssen wir uns aufstellen, um uns grundsätzlich gegen solche Dinge zu wappnen, damit wir nicht wieder Monate ins Land gehen lassen, bis wir feststellen: „Mensch, jetzt haben wir ja eine Schieflage“, sondern sich anbahnende Probleme sofort bearbeiten.
Und Gegenmaßnahmen müssen eigentlich selbstständig erfolgen.
Dadurch, dass ich mit meinen Kollegen quasi die Schocktherapie angewandt habe, ist es uns in beiden Fällen gelungen, das Gefühl von Dringlichkeit zu vermitteln, damit wir erst einmal bei den Mitarbeitern Gehör fanden, um gemeinsam mit ihnen eine Neuplanung vornehmen zu können.
Warum das Bewusstsein für die Dringlichkeit für Veränderungen wichtig?
Ein Gefühl für di Dringlichkeit ist wichtig, weil eine sinnvolle organisatorische Veränderung nicht ohne das Engagement der betroffenen Mitarbeiter stattfinden kann. Deshalb ist die Schaffung eines Gefühls der Dringlichkeit für eine notwendige Veränderung der erste Schritt, den Führungskräfte unternehmen müssen, um die aller zu erreichen.
Du kannst ein Gefühl der Dringlichkeit schaffen, indem du entweder ein positiveres Bild der Zukunft malst oder auch den Status quo als gefährlich darstellst. Es muss dir gelingen, deinem Team zu erklären, warum es nicht in seinem besten Interesse ist, wenn alles bleibt, wie es ist.
Dies geschieht oft durch offene Diskussionen über die aktuellen Markt- und Wettbewerbsrealitäten, den Austausch relevanter Finanz- und Kundendaten und die Erörterung von Chancen und Krisen, mit denen das Team konfrontiert ist.
Kommunikation ist entscheidend, und die Kommunikation über die dringende Notwendigkeit von Veränderungen muss ehrlich sein. Ein künstlich erzeugtes Gefühl der Dringlichkeit wird sich bald als das herausstellen, was es ist, und du bist dann zum Scheitern verurteilt.
Wie du beim Team ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugst
Es gibt mehrere Schritte, die du unternehmen kannst, um ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen und das Engagement aller zu gewinnen.
Dazu gehören die folgenden Schritte:
- Du musst Ernsthaftigkeit für den kommenden Wandel demonstrieren;
- schlechte Nachrichten musst du mit deinem Team teilen.
- Du benötigst Zahlen, Daten und Fakten, die deine These überstützen, dass Veränderung notwendig ist und
- deine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass du auch das tust, was du sagst – also glaubwürdig bist.
Eine klare und ehrliche Kommunikation ist erforderlich, die eher ein Gefühl der Dringlichkeit als ein Gefühl des Untergangs erzeugt. Du solltest also ein überzeugendes Bild einer optimistischen Zukunft, aber auch die Gefahr der Akzeptanz des Status quo kommunizieren. Dies verbessert deine Chancen erheblich, das Engagement deiner Mitarbeiter für eine notwendige Veränderung zu gewinnen.
Durch das Schaffen einer Dringlichkeit versteht dein Team, warum Veränderungen nicht länger optional sind.
Dieser Artikel basierte auf dieser Podcast-Folge von „Dein Team, Deine Pflicht“. Um diese und viele andere Episoden zu hören, kannst du den Dein-Team-Deine-Pflicht Podcast abonnieren.
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