Du bist nicht das Problem, sondern die Art wie du Feedback gibst

Erinnerst du dich noch an das unbequeme, nervenaufreibende oder unangenehme Feedback-Gespräch, das du mit deiner Führungskraft oder einem Kollegen hattest? Ich erinnere mich. Es gibt ein paar, die mir immer und immer wieder im Kopf herumgeistern. Ich frage mich oft, wie hätte ich das anders handhaben können?

Diesen Blogbeitrag kannst du hier auch als Podcast hören.

Es gibt zwei Arten von schwierigem Feedback:

  1. Das klassische Feedback-Szenario, wenn du kritisches oder negatives Feedback gibst, und
  2. Das Konfliktlösungsgespräch, was oft passiert, wenn das klassische Feedback-Szenario nicht funktioniert hat.

Für viele Mitarbeiter erzeugt schon der Gedanke, ein schwieriges Gespräch zu beginnen oder zu haben, Ängste. Um diese Gespräche produktiver und etwas weniger beängstigend zu machen, solltest du dir zuerst über deine Gefühle im Klaren sein.

Es ist völlig normal, sich vor einem schwierigen Gespräch ängstlich, nervös, frustriert oder wütend zu fühlen. Bevor du Feedback gibst, checke absichtlich mögliche negative Emotionen, die du fühlst. Erkenne deine Emotionen an, indem du denkst: „Ich bin frustriert“, „Ich bin verärgert“ oder „Ich bin wütend“. Das wird die helfen von einem emotionalen Zustand in einen rationaleren Zustand zu kommen.

Andere Ansätze, um dich zu beruhigen, können ein paar tiefe Atemzüge sein. Einfach mal durchatmen. Es ist immer besser, in ein schwieriges Gespräch mit dem Gefühl der Ruhe zu beginnen.

4 Schritte zum Feedback geben

Ein Teil der Ängste, die wir erleben, wenn wir ein Feedback-Session starten, liegt daran, dass wir das Gespräch nicht richtig aufgebaut haben. Es gibt hier aber einen vierstufigen Prozess, um sich auf jede Feedback-Sitzung richtig gut vorzubereiten.

  1. Prüfe, ob die andere Person überhaupt einverstanden ist Feedback zu erhalten.
    Das Gespräch mit: „Kann ich eine Minute mit dir reden“ zu starten ist keine gute Idee. Wenn du jemanden überraschst, steigert das seine emotionale Zustand um bis zu 400% – du löst damit einen Alarmzustand aus. Keiner wird gerne überrascht. Vermeide es, das Alarm-System der anderen Person auszulösen, bevor das Gespräch überhaupt begonnen hat. Du könntest viel besser wie folgt starten:“Hey, ist es okay, wenn wir darüber sprechen, wie das Meeting gelaufen ist?“ oder „Hast du eine Minute Zeit, um deine Beiträge zu diesem Projekt zu besprechen?“
  2. Beginne mit faktenbasiertem Feedback.
    Situationen, die du nicht auf Kamera aufnehmen kannst, sind offen für Interpretationen. Bevor du deine Empfindungen teilst – „Ich hatte das Gefühl, dass du unhöflich warst“ – erkläre, was du beobachtet hast – „Ich habe bemerkt, dass du den Kunden mehrmals unterbrochen hast“. Bring einfach die Fakten auf den Tisch, wie als wenn du den Film nochmal abspielen würdest. Sag genau, welche Verhaltensweisen du beobachtet hast, ohne sie zu interpretieren.
  3. Sprich über die Auswirkungen deiner Beobachtung.
    Wenn die Fakten klar sind, erkläre die Auswirkungen und warum dieses Verhalten besorgniserregend ist. Zum Beispiel: „Ich bin besorgt, dass die Kundin ihren Vertrag mit uns nicht verlängern wird, wenn wir sie nicht frei in unseren Meetings sprechen lassen“.
  4. Sei neugierig, um ihre Perspektive zu hören.
    Du bist dazu gekommen, deinen Standpunkt zu teilen. Jetzt ist es an der Zeit, die andere Person ihren teilen zu lassen. Frag sie außerdem, was sie als Ergebnis dieses Feedbacks tun möchte. Wenn das Feedback-Gespräch nicht zu einer naturgemäßen Lösung führt, dann wechsle zu einem Problemlösungsgespräch. Für das Feld der schwierigen Gespräche habe ich extra einen Online-Kurs angefertigt, den du hier kaufen kannst.

Feedback ohne Ego erhalten

Es gibt Zeiten, in denen man als Empfänger von Feedback emotional reagieren wird. Meistens liegt das daran, dass etwas, was der Feedbackgeber ausgelöst hat, dein Ego getriggert hat. Wenn wir Feedback erhalten, das nicht mit unserem Selbstverständnis übereinstimmt, übernimmt unser Ego die Führung. Wie kann diese Feedback wahr sein?!

Manchmal führt dies zu einer intensiven Abwehrhaltung. Es gibt aber auch die Möglichkeit dass der Feedbacknehmer übermäßig entschuldigend wird. Beides hilft nicht. Im Idealfall wird das Feedback mit derselben ruhigen, logischen Herangehensweise empfangen, mit der es gegeben wird.

Vertrauen ist eine Gleichung

Mangelndes Vertrauen ist eine Grundlage für eine toxische Arbeitsumgebung, die deine Glaubwürdigkeit beim Feedback beeinträchtigen kann. Wenn Mitarbeiter über negative Verhaltensweisen und Meinungen übereinander reden, dann ist das im Grunde genommen Klatsch und Tratsch.

Wenn du das Verhalten eines Kollegen nicht akzeptabel findest, konfrontiere ihn direkt damit. Mit anderen Kollegen darüber zu reden, geht selten gut aus und führt zu keinem Ergebnis. Die einzige Ausnahme ist das Gespräch mit deiner Führungskraft. In diesem Fall kannst du das Gespräch so eröffnen: „Ich möchte, dass du mir hilfst, diese Situation angemessen anzugehen“, und nicht: „Ich bin hier, um mich zu beschweren“ oder „Ich möchte, dass du das für mich löst“.

Es gibt eine Gleichung, die dies zusammenfasst. Vertrauen ist gleichbedeutend mit Glaubwürdigkeit, multipliziert mit Zuverlässigkeit, multipliziert mit Verbundenheit, geteilt durch Selbstorientierung.

Gleichung: Vertrauen = (Glaubwürdigkeit + Verbundenheit + Verlässlichkeit) / Selbstorientierung

Glaubwürdigkeit: Hast du die Kompetenz, die Dinge zu tun, von denen du sagst, dass du sie tun kannst?
Verlässlichkeit: Tust du die Dinge, von denen du sagst, dass du sie tun wirst?
Verbundenheit: Hatten wir in der Vergangenheit Gespräche, in denen wir etwas von uns preis gegeben haben. Waren wir offen miteinander?
Selbst-Orientierung: Glaube ich, dass du nur hier bist, um dir selbst zu helfen, oder glaube ich, dass du auch hier bist, um mir zu helfen?Wir vertrauen Kollegen und hören auf ihr Feedback, wenn sie uns als glaubwürdig und verlässlich erscheinen. Wir haben eine Beziehung, in der wir bereit sind, offen miteinander umzugehen, und glauben, dass sie unser bestes Interesse am Herzen haben.

Feedback von Anderen zu bekommen kann heikel sein

Es kann sein, dass Kollegen und Mitarbeiter zögern, Feedback mit dir zu teilen, selbst wenn du ausdrücklich darum gebeten hast. Versuch mal diese Ansätze, um das zu erleichtern:

  1. Schränke den Fokus deiner Anfrage ein. Bitte um Feedback zu einem ganz bestimmten Thema oder Bereich deiner Arbeit oder deines Verhaltens.
  2. Gib ihnen Zeit zum Nachdenken. Stelle die Frage, aber bitte nicht um eine sofortige Antwort. Plane etwas eine Zeit, damit sie reflektieren und nachdenken können. Erst dann gehst du wieder auf sie zu.
  3. Anstatt danach zu fragen, was du schlecht gemacht hast oder machst, frage lieber nach Vorschlägen oder Tipps, wie du es in Zukunft noch besser machen kannst.

Direktes Feedback zu geben und zu erhalten ist nützlich, nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in unserem täglichen Leben. Welches Feedback hast du aufgeschoben? Von wem könntest du um Feedback bitten?

Hier schreibt Kai Boyd
Mit jahrzehntelanger Erfahrung in Führungspositionen, darunter bei PricewaterhouseCoopers und Deutsche Telekom, Telefonica, deal united, Twilio und weg.de, hilft Kai Boyd Unternehmern und Einzelkämpfern, ihre Führungsfähigkeiten zu verbessern. Der Münchner und begeisterte Jogger bringt Expertise aus Konzernen, dem Mittelstand und Start-ups ein.

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