Emotionale Intelligenz – besonders wichtig für Führungskräfte

Du bist vielleicht ein beliebter Manager und führst ein kleines Team und verhältst dich stets freundlich, respektvoll und du hast ein Gespür für die Bedürfnisse der anderen. Du löst Probleme. Man nennt dich einen Problemlöser. Rückschläge siehst du als Chance. Du bist immer engagiert und eine Quelle der Ruhe für deine Kollegen. Dein Vorgesetzter schätzt sich glücklich, dich im Team zu haben. Wahrscheinlich lobt er sogar deine hohe emotionale Intelligenz. Und tatsächlich, du zählst das zu deinen Stärken. Du bist dankbar dafür, dass das einer der wenigen Punkte ist, an dem du nicht arbeiten musst, wenn du an deine Führungsperformance,

Nur: Komischerweise hast du irgendwann das Gefühl, es geht nicht mehr weiter. Du bist einfach nicht in der Lage, die Art von Leistung zu zeigen, die deine Firma offensichtlich von dir erwartet.

Wo liegt das Problem?

Das Problem ist, du definierst emotionale Intelligenz viel zu eng. Du konzentrierst dich auf Kontaktfreudigkeit, Sympathie, Sensibilität und übersiehst wirklich entscheidende Elemente der emotionalen Intelligenz – jene Fähigkeiten, die dich zu einer stärkeren und effektiveren Führungskraft machen könnten. Was sind das für Fähigkeiten? Dazu gehören zum Beispiel:

  • die Fähigkeit, Mitarbeitern schwieriges Feedback geben zu können
  • der Mut, auch mal was anzusprechen, was nicht gut ist
  • Veränderungen voranzutreiben
  • der Wunsch, über den Tellerrand hinauszuschauen

Es kann gut sein, dass deine emotionalen Intelligenzfähigkeiten ungleichmäßig verteilt sind.

Führungskräfte brauchen das ganze Spektrum emotionaler Intelligenz

Du verfügst über Einfühlungsvermögen, eine positive Einstellung sowie Selbstbeherrschung? Das ist gut. Aber da gibt es noch viel entscheidendere Fähigkeiten wie Leistung, Einflussnahme, Konfliktmanagement, Teamarbeit, inspirierende Führung. Diese Fähigkeiten erfordern genauso viel Auseinandersetzung mit den Emotionen wie die erste Gruppe. Und sie sollten auch genauso zu den Entwicklungsprioritäten jeder angehenden oder schon bereits etablierten Führungskraft gehören.

  • Es ist beispielsweise eine deiner Aufgaben als Führungskraft, schwelende Probleme an die Oberfläche zu bringen, und gehört zum Kern des Konfliktmanagements.Wenn du nun eine Stärke im Konfliktmanagement hättest, dann wärst du geübt darin, deinen Mitarbeitern, deinen Vorgesetzten, anderen Menschen unangenehmes Feedback zu geben. Es wäre eine zusätzliche Möglichkeit, deine direkten Mitarbeiter zu führen und ihnen zu helfen, sich zu entwickeln. Nehmen wir an, du hast einen Kollegen, der überheblich und aggressiv ist, anstatt jede Interaktion zu glätten. Da wäre es doch vorteilhaft, wenn du – mithilfe deiner emotionalen Selbstkontrolle, die du ja bereits hast – in der Lage wärst, den Kollegen direkt anzusprechen.
  • Du könntest aber auch auf eine beeinflussende Strategie zurückgreifen und dem betreffenden Mitarbeiter erklären, dass du möchtest, dass er Erfolg hat, und dass er, wenn er beobachtet, wie sich sein Verhalten auf die Menschen um ihn herum auswirkt, verstehen würde, wie eine kleine Änderung in seinem aggressiven Verhalten sich positiv auf die anderen auswirken würde
  • In ähnlicher Weise wärst du erfolgreicher beim Vorantreiben von Change-Management-Initiativen, wenn du eine inspirierende Führungskompetenz entwickelt hättest. Eine Führungskraft mit dieser Stärke kann eine Vision artikulieren, die sowohl sich selbst als auch diejenigen, die sie führt, mitreißt. In der Tat haben eine Reihe von Studien einen Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und dem Vorantreiben von Veränderungen in visionärer Führung festgestellt, was zu herausragenden Leistungen führen kann.

Du siehst: Als Führungskraft brauchst du die gesamte Palette der Emotionalen-Intelligenz-Kompetenzen. Dann stimmen auch die Ergebnisse und die Karriere geht weiter.

Wie du deine emotionale Intelligenz verbessern kannst

Emotionale Intelligenz umfasst vier große Bereiche: die Selbstwahrnehmung, das Selbstmanagement, das soziale Bewusstsein sowie das Beziehungsmanagement. Innerhalb jeder dieser Bereiche gibt es zwölf weitere Kompetenzen – erlernbare Fähigkeiten, die dir eine herausragende Leistung bei der Arbeit als Führungskraft ermöglichen.

Wie kannst du nun feststellen, wo deine emotionale Intelligenz verbesserungsbedürftig ist? Führe dir die zwölf Kompetenzen vor Augen (entsprechende Tests findest du im Internet, teils kostenfrei, teils kostenpflichtig):

  1. Selbsterkenntnis: Kenne ich meine Schwächen?
  2. Selbstkontrolle: Kann ich meine Impulse kontrollieren?
  3. Anpassungsfähigkeit: Bin ich bei unerwarteten Veränderungen flexibel?
  4. Leistungsorientierung: Wie leistungsorientiert bin ich?
  5. Optimismus: Sehe ich die Zukunft positiv?
  6. Empathie: Kann ich mich in andere hineinversetzen?
  7. Organisationsempfinden: Kann ich Aufgaben richtig delegieren?
  8. Coach und Mentor: Bin ich ein guter Coach und Mentor für meine Mitarbeiter?
  9. Konfliktmanagement: Kann ich gut kritisches Feedback geben?
  10. Teamarbeit: Wie gut klappt es damit bei mir?
  11.  Inspirierende Führung: Kann ich mich andere für etwas begeistern?
  12.  Beeinflussung: Bin ich in der Lage, andere positiv zu beeinflussen?

Je größer die Diskrepanz zwischen der Selbst- und der Fremdeinschätzung, desto weniger emotionale Intelligenz hast du tatsächlich. Also wenn das, was du denkst, nicht einhergeht mit dem, was die anderen denken, ist deine emotionale Intelligenz wahrscheinlich noch nicht so ausgeprägt, wie sie sein könnte.

Dann solltest du daran arbeiten.

Einer der ersten Schritte, die du machen musst – und den hast du alleine schon deshalb gemacht, weil du dir diesen Artikel durchliest – ist, dass du dich damit auseinandersetzt, um was es hier eigentlich geht, was die zwölf Kompetenzen sind. Überlege dir also bitte zu jeder der obengenannten Kompetenzen: Bin ich da wirklich gut? Kann ich das? Was kann ich eigentlich besser? Was kann ich nicht so gut? Um eine solche ehrliche Selbstreflexion wirst du nicht umhin kommen, wenn du Fortschritte machen möchtest.

Coaching ist hier übrigens die effektivste Methode, um sich in den verschiedenen Bereichen, in denen es Defizite gibt, weiterzuentwickeln. Es ist tatsächlich von unschätzbarem Wert, während der Höhen und Tiefen, die du beim Üben dieser neuen Arbeits- und Denkweise durchlebst, von einem Experten, der dir Feedback geben kann, begleitet und unterstützt zu werden.

Gut zu wissen

Du bist auf dem richtigen Weg, auch wenn es sich nicht so anfühlt! Solche Gefühle sind ganz normal. Wenn du auf Dinge, die du nicht so gut kannst, deinen Schwerpunkt legst, wirst du zwangsläufig ein gewisses Tal der Tränen durchschreiten müssen.

Selbst wenn du offensichtlich eine gute Führungskraft bist und schon Führungsstärke bewiesen hast, lass den Bereich der emotionalen Intelligenz nicht schleifen. Und bitte mache, wie eingangs erwähnt, nicht den Fehler zu denken, dass es beim Thema emotionale Intelligenz einfach nur darum geht, immer nett und fröhlich und positiv zu sein …

Ich hoffe, dieser kurzer Ausflug in den Bereich der emotionalen Intelligenz hat dir ein bisschen Spaß gemacht.

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Hier schreibt Kai Boyd
Mit jahrzehntelanger Erfahrung in Führungspositionen, darunter bei PricewaterhouseCoopers und Deutsche Telekom, Telefonica, deal united, Twilio und weg.de, hilft Kai Boyd Unternehmern und Einzelkämpfern, ihre Führungsfähigkeiten zu verbessern. Der Münchner und begeisterte Jogger bringt Expertise aus Konzernen, dem Mittelstand und Start-ups ein.

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