Von Zeit zu Zeit solltest du dir deine eigene Führungsstruktur ansehen. Es kann passieren, dass du dich sehr schnell in nicht mehr aktuellen Mustern bewegst und beginnst Eigenarten zu entwickeln. Die werden dann von deinen Mitarbeitern mit Kommentaren à la »Das ist wieder so eine merkwürdige Idee vom runden Tisch« bedacht.
Klar ist, dass eine klare Richtung und auch eine Kontrolle wichtig und notwendig sind.
Moderne Führung bedeutet also nicht, den Mitarbeitern das Ruder in die Hand zu geben. Sie bedeutet vielmehr, sie an den Entscheidungen zu beteiligen.
Jeff Bezos, der Gründer von Amazon und einer der reichsten und erfolgreichsten Führungskräfte der Welt hält mit seinem Team jeden Tag kleine Meetings ab.
Immer werden wichtige Themen vormittags, also vor 12 Uhr, behandelt. Wenn ein Thema im Lauf des Nachmittags aufkommt und es ist wichtig, verschiebt Bezos es dennoch gerne auf den nächsten Morgen.
Die Meetings sind von der Größe immer so angelegt, dass alle Anwesenden von zwei Pizzen satt werden können. Das berichtet Yara Molthan in einem Interview von Galileo über die Firma Amazon
Das ist natürlich nur im übertragenen Sinne zu verstehen, denn wer die Reportage genau ansieht, weiß, dass Bezos in der Mittagspause gerne seinem Bewegungsdrang nachgeht und örtliche Foodtrucks unterstützt. Das aber nur am Rande.
In so einem Meeting erhalten alle Mitarbeiter die identischen Informationen schriftlich vorgelegt. Dann wird erwartet, dass sie gelesen werden. Dafür gibt sich Bezos und seinem Team 30 Minuten. Am Ende dieser Vorbereitungszeit steht die eigentliche Besprechung, die auf keinen Fall länger als bis 12 Uhr gehen wird, denn dann geht Bezos in Mittagspause.
Was ist anders an dieser modernen Art der Mitarbeiterführung – denn Amazon kann man durchaus als modernes Unternehmen bezeichnen?
Der Chef bekommt die Informationen und nimmt sich die Zeit, diese mit den anderen Führungskräften gemeinsam zu lesen. Das ist ein wichtiger Prozess.
Moderne Mitarbeiterführung bedeutet in seinem Fall aber auch, dass er keine Experten mag, die nur um den heißen Brei herum reden. Solche sind in der Regel im nächsten Meeting nicht mehr anwesend.
Diese Information gibt Andreas Weigend, der sein Büro in der Amazon- zentrale auf derselben Ebene wie Bezos hatte.
Weigend war mit verantwortlich für die Findung der Logarithmen, die den Konzern heute so unglaublich erfolgreich machen.
Moderne Mitarbeiterführung von Amazon sieht auch so aus, dass in jedem Meeting ein leerer Stuhl steht. Dieser steht für den Menschen, auf den Amazon sein Tun ausrichtet, für den Kunden.
Immer wenn ein Schweigen im Raum aufkommt, konzentrieren sich alle im Raum anwesenden Führungskräfte auf den leeren Stuhl und fragen sich, was der Kunde wohl wollen würde. Was wäre jetzt das Beste für den Kunden? Wie wäre er zufrieden? Amazon möchte das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt sein und mit ihrer modernen Mitarbeiterführung tun sie viel dafür, dass sie dieses Ziel erreichen.
Macht abgeben
Um Macht in der Mitarbeiterführung abgeben zu können, muss man sie erst einmal selbst besitzen.
Da beginnt die erste Frage:
- Wie bist du an diese Position gekommen?
- Hat dir jemand die Macht gegeben?
Ich habe selbst oft in einer Firma die Macht übertragen bekommen. Von den Gesellschaftern. War ich nun der Chef? Jain.
Ich war zwar auf dem Papier der Chef, hatte aber noch lange nicht die Macht über die Firma. Den Respekt verdiente sich immer noch mein Vorgänger, der das Ganze aufgebaut hat.
Also, wie konnte ich den Mitarbeitern gegenüber die Macht erlangen?
Indem ich selbst zeigte, dass ich das, was ich von meinen Mitarbeitern, also den anderen Führungskräften, verlange, auch selbst leisten konnte. Erst wenn ich selbst ein Vorbild, ein Macher, eine Respektsperson bin, kann ich meine Macht delegieren und sie abgeben. Abgeben der Macht heißt aber auch Vertrauen.
Vertraust du einem Mitarbeiter, der neu in deine Firma kommt, der hervorragende Zeugnisse und Abschlüsse hat und den ersten Tag in der Firma arbeitet?
Nein, das solltest du auch nicht, denn der neue Mitarbeiter muss erst einmal ankommen. Er muss Abläufe kennenlernen. Er muss verstehen, wie etwas funktioniert. Es wäre unfair im keine Chance zu geben aber auch genauso unfair in ins Messer laufen zu lassen.
Deshalb mag ich neue Führungskräfte, die am zweiten Tag zum Chef gehen und ihm erklären wollen, wie er seine Firma umstrukturieren sollte, um endlich Geld zu verdienen, nicht. So bekommst du auf jeden Fall keine Macht, Führung und die Leitung übertragen.
Der Mitarbeiter, der seit 15 Jahren dasselbe macht und nun endlich befördert wird, um jetzt in eine Führungsposition eines modern geleiteten Unternehmens zu kommen, ist aber auch nicht unbedingt die beste Wahl, um deine Macht abzugeben.
Wie löse ich nun das Dilemma, in der modernen Mitarbeiterführung Macht abzu- geben?
Hier ist der Blick von außen auf eine Firma, eine Struktur, eine Organisation manchmal sehr hilfreich. Denn du als Chef wirst deine Abläufe immer mit einer gefärbten Brille betrachten. Der Mitarbeiter, um den es geht, wird natürlich auch seine eigene Meinung dazu haben, wie es laufen sollte und was zu beachten wäre.
Holst du dir nun eine externe Person hinzu, einen Berater, einen Coach einen Organisationsentwickler, kann der in deiner Firma schnell erkennen, wo zu viel Macht an einem Ort liegt und wo ein Delegieren zu empfehlen wäre. Macht abgeben heißt aber nicht, dass du die Kontrolle abgibst. Den Überblick über das ganze Geschehen solltest du zu jeder Zeit behalten.
Aus diesem Grund gibt es überhaupt einen Abteilungsleiter oder einen Organisationsverantwortlicher. In seinem Bereich ist er für die Ergebnisse verantwortlich.
Bedeutet das, dass du jetzt gar keinen Einfluss mehr ausüben solltest?
Kommen wir hier wieder zum modernen Führungsstil von Jeff Bezos zurück. Hier ein Beispiel, wie er Einfluss ausübt.
Er hat eine für alle Kunden offene E-Mail Adresse. Er liest zumindest einen Teil dieser E-Mails selbst. Fast nichts ist bei Amazon gefürchteter als eine E-Mail, die einfach nur die Weiterleitung eines Kundenanliegens ist und die von Jeff Bezos kommt.
Meist besteht die E-Mail aus einem einzigen Zeichen – dem Fragezeichen.
Sobald ein Mitarbeiter die Macht hat, das Problem zu lösen, wird er alles andere stehen und liegen lassen und wird sich um dieses Problem kümmern.
Das wird er so lange tun, bis das Problem gelöst ist. So gibt Jeff Bezos die Macht ab, behält aber zu jeder Zeit die Kontrolle über seine Firma und seine Ideen.
Fazit
Von Zeit zu Zeit ist es eine gute Idee die eigenen Führungsmethoden zu überprüfen. Die wesentlichen Merkmale moderner Führung sind, dass du Macht abgibst und vertrauensvoll mit deinen Mitarbeitern zusammenarbeitest. Dabei solltest du immer die Kontrolle behalten.
Dieser Artikel basierte auf dem Podcast „Dein Team, Deine Pflicht“. Um diese und viele andere Episoden zu hören, kannst du den Dein-Team-Deine-Pflicht Podcast abonnieren.