Das unendliche Spiel

In einer Welt, die von Wettbewerb und dem Bedürfnis, an der Spitze zu stehen, angetrieben wird, fallen viele Unternehmen unbewusst in eine Art endliche Denkweise. Man könnte auch „quartalsgetriebenes Management“ sagen. Sie konzentrieren sich halt auf kurzfristige Ziele, anstatt auf Entwicklung und Wachstum.

Dieser Artikel basiert auf dieser Podcastfolge. Hier findest du ihn außerdem als Video.

Eine solche endliche Denkweise wird jede Organisation zum Scheitern verurteilen. Zum Jahresende empfehle ich immer gerne ein paar gute Bücher – für diejenigen, die noch ein cooles Geschenk suchen, oder diejenigen, die zwischen den Jahren etwas Ablenkung benötigen.

Letzte Woche habe ich mein Lieblingsbuch „Die 5 Dysfunktionen eines Teams“ vorgestellt. Heute möchte ich euch das meines Erachtens beste Buch des Jahres ans Herz legen: „Das unendliche Spiel“ von Simon Sinek.

Das unendliche Spiel von Simon Sinek

 

Simon ist ein unerschütterlicher Optimist, der nicht nur an eine strahlende Zukunft, sondern auch an die Fähigkeit der Menschheit glaubt, diese Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Er bringt Führungskräften wie dir und mir und Organisationen bei, wie man Menschen inspiriert. Sein wahnwitziges  Ziel ist es, eine Welt aufzubauen, in der die große Mehrheit der Menschen jeden Tag aufwacht und sich inspiriert fühlt, sich bei der Arbeit sicher fühlt und wo jeder sich selbst verwirklichen kann.

Simon möchte die Menschen dazu inspirieren, die Dinge zu tun, die sie inspirieren.

Also ich bin inspiriert von diesem Buch. So habe ich die Welt noch nicht gesehen, obwohl es ja auf der Hand liegt.

In endlichen Spielen, wie Fußball oder Schach, sind die Spieler bekannt, die Regeln stehen fest, und das Ziel ist klar. Die Gewinner und die Verlierer sind leicht zu erkennen.

In unendlichen Spielen, wie Wirtschaft oder Politik oder das Leben selbst, kommen und gehen die Spieler, die Regeln sind veränderbar, und es gibt keinen definierten Endpunkt.

In einem unendlichen Spiel gibt es keine Gewinner oder Verlierer; es gibt nur vorne und hinten. Je weiter man im Buch fortschreitet, desto mehr versteht man den Unterschied zwischen endlichen und unendlichen Spielen. Und plötzlich sieht man wie Simon überall um einen herum unendliche Spiele. Viele der Auseinandersetzungen, denen sich Organisationen gegenübersehen, existieren einfach nur deshalb, weil ihre Führungskräfte mit einer endlichen Denkweise ein unendliches Spiel spielen. All diese Organisationen hinken in Bezug auf Innovation, Moral und letztendlich auch Leistung oft hinterher.

Die Führungskräfte, die eine unendliche Denkweise annehmen, bauen im krassen Gegensatz dazu stärkere, innovativere und –  Simon mag das Wort – inspirierendere Organisationen auf. Ihre Mitarbeiter vertrauen einander und ihren Führungskräften. Sie haben die Widerstandskraft, um sich in einer sich ständig verändernden Welt weiterzuentwickeln, während die Konkurrenz auf der Strecke bleibt.

Letztendlich sind es diese Führungskräfte, die uns alle in die Zukunft führen.

Simon vertritt die These, dass die Fähigkeit, sich eine unendliche Denkweise anzueignen, eine Voraussetzung für jede Führungskraft ist, die ihre Organisation in einem besseren Zustand verlassen möchte, als sie sie vorgefunden hat.

Für mich war es ein Eye-Opener, dass man das Geschäft und das Leben als ein unendliches Spiel betrachten muss. Kein Spiel, das man spielt, um zu gewinnen, sondern ein Spiel, das man nur spielt, um im Spiel zu bleiben. Also so lange, wie es geht.

Die gerechte Sache

Simon ist ja berühmt dafür, dass er das Konzept von einem Zweck oder einem „Warum“ populär gemacht hat. Auch hier argumentiert er wieder, dass man eine gerechte Sache braucht, um ein unendliches Spiel zu spielen.

Der Unterschied zwischen deinem Warum und deiner gerechten Sache ist, dass dein „Warum“ das ist, was du bist, und deine „gerechte Sache“ deine Vision für die Zukunft ist.

Es gibt fünf Regeln, um deine „gerechte Sache“ zu definieren:

  • Sie muss für etwas sein,
  • sie muss allumfassend sein,
  • die Sache muss dienstleistungsorientiert sein,
  • sie muss belastbar (oder zukunftssicher) sein und
  • die gerechte Sache sollte idealistisch sein.

„Führungskräfte sind nicht für die Ergebnisse verantwortlich, Führungskräfte sind für die Menschen verantwortlich, die für die Ergebnisse verantwortlich sind.“

Simon Sinek

Wachstum oder der Beste zu sein ist nicht gleichbedeutend mit einer „gerechten Sache“, weil sie viele der Regeln zur Definition einer „gerechten Sache“ nicht erfüllen. Dasselbe gilt für Aktivitäten im Bereich der sozialen Verantwortung; es ist eine gute Sache, die man tun kann, aber es ist nicht gleichbedeutend mit einer gerechten Sache.

Als gutes Beispiel für eine „gerechte Sache“ führt er die gerechte Sache von Sam Walton, dem Gründer von Walmart, an: immer und überall die niedrigsten Preise zu haben und die Lebenshaltungskosten für die normalen Menschen zu senken. Es muss etwas sein, das unendlich ist, weiterhin relevant ist und dich dazu bringt, weiter danach zu streben.

„Es  gibt einen Unterschied zwischen einer Gruppe von Menschen, die zusammen arbeiten, und einer Gruppe von Menschen, die sich gegenseitig vertrauen.“ – Simon Sinek

Wettbewerb ist gut

Es geht Simon auch darum, einen würdigen Konkurrenten zu finden. Ein würdiger Rivale wird dich ehrlich bleiben lassen und motivieren. Er bringt dich nicht dazu, dass du betrügen willst, aber der gegenteilige Effekt ist, dass du im Spiel bleiben willst und danach strebst, besser zu werden. Ein würdiger Rivale kann auch jemand sein, dem du nicht ähnlich sein willst. Du willst aber, dass dein Rivale im Spiel bleibt, damit du dich weiter anstrengen willst.

Ein anderes gutes Beispiel sind Apple und IBM; manchmal braucht man einen würdigen Rivalen, um den Markt zu vergrößern. Als IBM in den PC-Markt eintrat, hat Apple eine ganzseitige Anzeige geschaltet, um IBM bei der Revolution willkommen zu heißen. Apple brauchte IBM, um überhaupt in diesem Markt zu sein, um

a) die Größe des Marktes zu erhöhen und

b) den Markt gemeinsam zu entwickeln und mit seinem „Think different“-Ansatz einen Unterschied zu machen.

„Unendlich denkende Führungskräfte verstehen, dass ‚das Beste‘ kein Dauerzustand ist. Stattdessen streben sie danach, ‚besser‘ zu sein.“

—Simon Sinek

Simon argumentiert, dass dein CEO eher dein CVO (Chief Vision Officer) sein sollte. Eine Herausforderung ist jedoch, dass CFOs oder COOs (Chief Operating Officer) oft die Nächsten in der Reihe der wichtigsten Führungspositionen sind. Meistens sind sie großartige Manager und hervorragend darin, das Geschäft am Laufen zu halten, aber sie sind keine guten Visionäre.

Es ist wichtig für die Organisation, ein Umfeld voller Vertrauen, das Richtige zu tun, zu schaffen.

Ich glaube auch, dass Kultur = Werte + Verhaltensweisen ist. Gleich nach Weihnachten plane ich, einen Videokurs zur virtuellen Einführung von Kultur zu launchen. Sei gespannt.

In dem Buch findest du ein Konzept über ethisches Verblassen. Nämlich wenn jeder anfängt, Dinge zu tun, die ein bisschen fragwürdig sind. Was letztendlich belohnt wurde, war das falsche Verhalten, das dann zu einem weiteren ethischen Verblassen führte. Als unendliche Führungskraft musst du das, was geschieht, in Frage stellen, eine Umgebung schaffen, in der die Menschen ehrlich sein können, längerfristig denken und handeln und spielen, um im Spiel zu bleiben.

„Traditioneller Wettbewerb zwingt uns, eine Haltung des Gewinnens einzunehmen. Ein würdiger Rivale inspiriert uns dazu, eine Haltung der Verbesserung einzunehmen.“

—Simon Sinek

Es sind noch eine Menge toller Beispiele in diesem Buch. Zum Beispiel, wie die amerikanische Verfassung konzipiert ist – besonders spannend zu lesen, wenn man sich nochmal den Präsidentschaftswahlkampf durch den Kopf gehen lässt.

Ein tolles Buch, das super inspirierend ist. Ich finde, für Führungskräfte ein Muss.

Hier schreibt Kai Boyd
Mit jahrzehntelanger Erfahrung in Führungspositionen, darunter bei PricewaterhouseCoopers und Deutsche Telekom, Telefonica, deal united, Twilio und weg.de, hilft Kai Boyd Unternehmern und Einzelkämpfern, ihre Führungsfähigkeiten zu verbessern. Der Münchner und begeisterte Jogger bringt Expertise aus Konzernen, dem Mittelstand und Start-ups ein.

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