Ich habe die These entwickelt, dass die vorherrschenden Vorstellungen über Produktivität einfach nicht für jeden funktionieren. Für einen Monat habe ich dann beschlossen, diese These mal auf die Probe zu stellen, und war daraufhin in der Lage, meine Zeit weiter zu optimieren.
Was ich dabei gelernt habe, könnte dich überraschen…
Dieser Artikel basiert auf der Podcast-Folge „Optimiere deine Zeit“ des „Dein Team, Deine Pflicht“-Podcasts. Um diese Folge und viele weitere zu hören, kannst du den „Dein Team, Deine Pflicht“-Podcast z. B. auf iTunes, Spotify und Amazon Music abonnieren.
Letztens habe ich einen interessanten Post auf Facebook gelesen (keine Sorge, mein erster Tipp zur Zeitoptimierung ist ganz bestimmt nicht, keine Zeit mehr in Social Media wie Facebook, Twitter etc. Zeit zu verbringen):
„Wer im Job mehr als drei Prioritäten gleichzeitig hat, hat keine.“
Auf Facebook gefunden
Das hat jemand gepostet, der sowohl Berater, Unternehmer als auch Speaker war. So weit so gut. Bisschen provokant allerdings schon. So macht man das ja auf Facebook.
Richtig witzig waren eine Reihe von Kommentaren drunter. Einer hat kommentiert: „Multitasking geht gar nicht. Immer eins nach dem anderen. Dauert sonst alles viel zu lange. Und es passieren schnell Fehler (zumindest bei mir).“
Witzig finde ich auch die Vorstellung, drei Sachen seien zu viel. Aber Hauptsache der Kerl hat drei Jobs. Geile Ironie.
Jemand anderes hat drunter gepostet: „Mir kam gerade eh in den Sinn beim Lesen: Drei Dinge fertig, fünf neu dazugekommen. Der April war wie ein Tsunami.“ Das könnte wohl stimmen. Ich denke, für jeden von uns ist jeder Monat ein Tsunami.
Wie viele Prioritäten kann man haben?
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, herauszufinden, was denn eine Priorität überhaupt ist. Wikipedia sagt dazu:
„Priorität bezeichnet im Allgemeinen den Vorrang einer Sache. Dabei kann der Rang sich aus der zeitlichen Reihenfolge von Ereignissen ergeben oder umgekehrt eine Reihenfolge aufgrund einer Bewertung festgelegt werden.“
Ich verstehe das so, dass es nur eine Priorität geben kann und nicht drei, und wer drei hat, der verheddert sich. Als Erstes setzt man Prioritäten fest, weil man ja wissen möchte, wie man seine Arbeit erledigen sollte oder wie man sie besonders effizient erledigen kann. Effektiv ist, die richtigen Prioritäten haben, und dann will man sie effizient umsetzen. Wie schaffe ich es nun, mehr Stunden aus dem Tag herauszuquetschen? Ja, der Tag hat für dich 24 Stunden genauso wie für mich. Wir wollen nicht 24 Stunden mit reinem Arbeiten verbringen, sondern wir wollen uns auch um uns selbst kümmern, um unsere Freunde und um unsere Familie.
Jetzt gibt es ja die landläufige Meinung (und auch ich war dieser Meinung und das hat auch dieser Berater auf Facebook so gepostet), dass Multitasking keine gute Idee ist, sondern dass man nur eine Aktivität zur gleichen Zeit erledigen sollte. Aber ist das wirklich immer so? Dazu habe ich ein kleines Experiment gestartet.
Cleveres Multitasking spart Zeit
Einen Monat lang habe ich ein Time Tracking Tool von einem österreichischen Startup namens Timeular.com eingesetzt. (Ich persönlich mag ja Gadgets, aber man muss das Time Tracking natürlich nicht unbedingt mit so einer App machen, es geht auch mit einem Google Sheet, wenn du es lieber händisch durchführen möchtest.)
Ich wollte genau wissen, wie ich meine Zeit verbringe und ob das dann mit meinem Zielen und mit meiner Wahrnehmung über, wie ich meine Zeit verbringe, in Einklang ist. Daher habe ich meine Zeit einen Monat lang in 30-Minuten-Schritten aufgezeichnet. Das war recht mühsam und hat auch nicht immer so gut geklappt. Zwischendurch habe ich immer wieder Stunden vergessen – was natürlich die ganze Aufzeichnung zunichte macht. Trotzdem habe ich zumindest ein paar Erkenntnisse daraus gewonnen:
- Bestimmte Arten von Multitasking sind in Ordnung. Sogar wünschenswert. Ich habe festgestellt, dass ich sehr viel mehr Zeit damit verbringe, Inhalte zu konsumieren, als ich dachte: Artikel lesen, Hörbücher anhören, Podcast anhören Das mache ich meistens während dem Sport oder beim Kochen oder während irgendeiner anderen Tätigkeit im Haushalt, die nicht meine volle Aufmerksamkeit braucht. Es ist somit also möglich, solche Arten von Aktivitäten gleichzeitig zu verrichten, ohne dass die Qualität einer der beiden beeinträchtigt ist!
- Anders verhält es sich bei anderen Arten von Multitasking, z. B. dem Wechsel zwischen dem Schreiben von E-Mails, dem Lesen und dem Recherchieren. Das sind alles Tätigkeiten, die deine volle Aufmerksamkeit beanspruchen und manchmal ist auch eine geistige Erholungsphase zwischen den Aufgaben erforderlich. Multitasking funktioniert hier nicht so gut.
Multitasking kann also funktionieren, wenn du die richtigen Aktivitäten clever kombinierst.
Viele Aktivitäten – wie einen Podcast hören, Belege sortieren, kochen, auf dem Peloton fahren, joggen gehen – brauchen wenig bis gar keine mentalen Ressourcen. Solche „automatischen Aktivitäten“ lassen sich prima kombinieren, um gleich mehrere Sachen an einem Tag zu schaffen. Wenn du also zum Beispiel das Ziel hast, mehr zu lesen, dann ist es eine wirklich gute Möglichkeit, ein Hörbuch anzuhören, während du zur gleichen Zeit andere Aufgaben erledigst. So schaffst du wahrscheinlich ein zusätzliches Buch pro Woche!
Intelligentes E-Mail-Management
Auch durch ein intelligentes E-Mail-Management kannst du deine Zeit optimieren.
Viele in der Produktivitätswelt raten dir davon ab, am Morgen als Erstes die E-Mails zu checken. Damit sollst du mentale Ressourcen für wichtigere Aufgaben sparen. Ich bin aber der Meinung, dass es besser ist, meine E-Mails gleich morgens als Erstes zu checken und wichtige Anfragen zu beantworten. Und ich mache das auch.
Warum?
Hier habe ich eine interessante Erkenntnis aus meinem Zeiterfassungs-Experiment gewonnen. Davor war ich lange Zeit der Annahme gewesen, dass ich drei bis vier Stunden am Tag oder sogar noch länger mit E-Mails verbringe. Nach dem Experiment stellte ich aber fest, dass es weniger als anderthalb Stunden am Tag sind.
Warum war es in meiner Wahrnehmung eine längere Zeitspanne als in der Realität?
Das liegt vielleicht an meiner psychologischen Beziehung zu den E-Mails, die ich als pathologisch und chronisch unterdrückt empfunden habe, weil sie einfach nie enden wollten.
Es geht also hier eigentlich nicht um die Zeit, die man mit E-Mails verbringt.
Es geht eigentlich um Stress
Ich habe für mich erkannt, dass ich, wenn ich der weit verbreiteten Empfehlung folge und E-Mails erst später am Tag checke, tatsächlich mehr Druck spüre und dadurch weniger geistige Ressourcen zur Verfügung habe, um die wichtigen E-Mail Anfragen effizient zu beantworten. Ich habe früher also unbewusst die Beantwortung von wichtigen E-Mails hinausgezögert. Und das hat mich belastet, auch wenn mir das so nicht bewusst war.
Durch mein Zeiterfassungs-Experiment habe ich erkannt, dass die Menge an Zeit, die man mit etwas verbringt, und die mentale Belastung oder der Druck, den es mit sich bringt, nicht unbedingt korrelieren.
Natürlich kann man auch andere Techniken im Umgang mit E-Mails nutzen. Da gibt’s ja viele Tools. Wichtig ist immer, klare Grenzen zu setzen und auf Expertise und Erfahrung zu vertrauen. Man muss nicht alles beantworten; wenn man eine E-Mail mit einer Info erhält, muss man nicht darauf antworten. Manchmal macht es auch Sinn, einfach gar nicht zu reagieren. Und manchmal ist es zielführend, auf eine E-Mail nicht mit einer E-Mail zu antworten, sondern ans Telefon zu greifen und das Problem gleich direkt zu lösen, anstatt Ping Pong zu betreiben.
Es gibt übrigens eine Menge von Apps, die dir beim Thema E-Mail-Management helfen können. Um allerdings das Beste aus diesen Apps und Helferlein herauszuholen, musst du erst mal für dich selber rausfinden, welcher Aspekt bei E-Mails dich denn belastet. Das kann ja etwas ganz anderes sein als bei mir. Finde dann heraus, welche Tools und Funktionen diese Probleme lösen können oder welche Prozesse und Verhaltensweisen du anpassen musst, um die erhofften Vorteile zu realisieren.
Liste statt Meeting
Zum Schluss noch einer meiner Lieblingstipps zum Thema Zeitoptimierung: Optimiere deine Zeit, indem du unwichtige Meetings eliminiert oder wenigstens reduzierst.
Es ist mir schon klar, man kann sich nicht aus allen Meetings heraushalten. Das ist nicht möglich. Ich habe gelernt, dass man an einigen Meetings aus politischen Gründen teilnehmen muss, auch wenn man keinen Beitrag leistet. Das ist einfach so. Wohingegen man bei anderen wirklich knallhart sagen kann: „Nee, das macht kein Sinn, da gehe ich nicht hin.“ Das alleine spart schon Zeit.
Bedenke: Nicht alles, was in einem Meeting erledigt werden kann, muss auch in einem Meeting erledigt werden. Überlege dir, ob es eine alternative Form der Kommunikation oder der Zusammenarbeit geben kann.
Warum zum Beispiel nicht eine Liste mit Fragen herumschicken? Dann können die Empfänger sie ausfüllen und du triffst dich dann nur mit gewissen Leuten. Wenn du aufgrund der Antworten einen Diskussionsbedarf siehst oder wenn du den Fortschritt von irgendetwas überprüfen willst, dann erstelle einfach ein Dashboard oder einen Projektplan und lass die Mitarbeiter die wichtigsten Kennzahlen oder Aktivitäten eintragen. Veranstalte nur und erst dann ein Meeting, nachdem die Teammitglieder die Daten aktualisiert haben und du wirklich der Meinung bist, dass es einen guten Grund für ein Meeting gibt.
Ich habe beispielsweise ein Excel Sheet mit allen KPIs (Key Performance Indicators). Da tragen die Mitarbeiter regelmäßig ein, wo sie gerade stehen, und ich überprüfe regelmäßig, ob noch alles so ist, wie es sein sollte. Wenn nicht, mache ich einen Termin mit dem betreffenden Mitarbeiter.
Mach dein eigenes Time-Tracking-Experiment
Die Frage ist also im Grunde: Wie kannst du deine eigene Zeit optimieren oder deine Zufriedenheit erhöhen? Führe doch mal dein eigenes Time-Checking-Experiment durch. Ich kann dir nur ans Herz legen, das auch mal für ein bis zwei Wochen durchzuziehen. Lade dir dafür gerne das kostenlose Time Tracking Tool herunter, das ich dir in die Shownotes verlinkt habe, und schau mal, zu welchen Ergebnissen du kommst. Du kannst sie auf Slack posten. Da können wir dann gerne diskutieren. Der Link in die Slack-Gruppe ist für Newsletter-Abonnenten umsonst.
Diesen Artikel kannst du hier als Podcast hören.