Meetings sind Zeitverschwendung. Daran liegts!

Zeit meines Lebens war ich immer ein passabler Manager. Meine Stärke war das persönliche Führen, das „one on one“. Meine Meetings hingegen waren oft Zeitverschwendung.

Das lag sicherlich daran, dass ich mich nicht so recht „in charge“ fühlte.

Oft empfanden meine Mitarbeiter meine Meetings als Zeitverschwendung – natürlich nicht direkt. Aber wir bekamen einfach keine guten Ergebnisse. Ich missbrauchte die Meetings oft, um mich auf Stand zu bringen.

Die lauteren Mitarbeiter in meinem Team bekamen mehr Redezeit als sinnvoll gewesen wäre (mehr zum Thema „Wie du aufhörst, Meetings zu dominieren“, gibt´s in diesem Artikel) Wer gut präsentieren konnte hatte auch einen besseren Stand. Es gelang mir nicht eine Umgebung zu schaffen, in der alle Ideen diskutierten und kritisch bewerteten. Meine Mitarbeiter hatten Recht: Meine Teammeetings waren Zeitverschwendung – zumindest für das Team.

Ich befand mich in guter Gesellschaft. Von den 23 Stunden, die Führungskräfte jede Woche in Meetings verbringen, sind im Schnitt 8 unproduktiv.

Du sitzt sicherlich auch zu oft in Meetings,

die Zeitverschwendung sind. Hast du nicht auch schon Tagträume in Meetings gehabt und aufgrund von Langeweile andere Aufgaben parallel erledigt?

Führungskräfte (inklusive mir) bewerten ihre eigenen Meetings übrigens oft als sehr positiv – anders als die restlichen Teilnehmer. Das ist ein klarer Beweis für eine „Ich bin nicht das Problem“-Einstellung!

Studien zeigen, dass die aktivsten Teilnehmer der Meinung sind, dass das ihr Meeting ist.

Und wer spricht normalerweise am meisten?

Richtig, die Führungskraft.

Wenn man also davon ausgeht, dass das eigene Meeting gut verlaufen ist, holt man sich natürlich kein Feedback ein. Somit ist eine Besserung leider kaum in Sicht. Dein Meeting bleibt somit weiterhin eine Zeitverschwendung. Für dich und für andere.

Der Frust der Teilnehmer hält an (z.B. irrelevante Tagesordnungspunkte, überlange Dauer, mangelnde Konzentration).

Was für eine Zeitverschwendung ein Meeting sein kann!

Ein schlechtes Meeting führt mittelfristig zu geringem Engagement und schlechter Produktivität. Die Auswirkungen eines schlechten Meetings entladen sich dann in stundenlangem Meckern und Beschweren der Teilnehmer – wer hat sich noch nicht über ein Meeting beschwert? Also ich immer über das der anderen, versteht sich.

Ineffektive Meetings zermürben Talente und führen zu einer Erosion der Macht und des Einflusses der Führungskraft.

Das merkt man aber leider erst viel zu spät.

Die erste Reaktion ist immer (IMMER!), dass alle Sitzungen abgeschafft werden sollten. Das habe ich auch schon bei Kunden erlebt. Da finden einfach gar keine Meetings mehr statt. Meistens übrigens mit dem Hinweis, dass Steve Jobs Meetings auch überflüssig fand – wirklich? Also ehrlich!

Natürlich kann man die meisten Meetings leicht kürzen – keine Meetings zu haben ist jedoch unrealistisch und kontraproduktiv. Meetings können Ideen und Meinungen effizient zusammenführen und es Menschen ermöglichen, ihre Arbeit koordinierter und kooperativer zu erledigen.

Mein Ziel war es also nicht, alle Meetings abzusagen, sondern die unwirksamen zu eliminieren und die Qualität der verbleibenden Meetings zu verbessern.

Ich musste verstehen, was ein Meeting gut macht und was es weniger gut macht.

Leider gab es keine wirklich gute Schulung darüber, wie man ein Meeting gestalten soll. Was kann man tun, damit Meetings keine Zeitverschwendung mehr sind.

Und wenn es doch mal eine gab, dann durften weder meine Vorgesetzten noch ich daran teilnehmen. Meetings werden einfach so gemacht wie immer. Basta.

Es liegt daher an dir selbst, positive Veränderungen vorzunehmen. Indem du deine eigenen Meeting-Fähigkeiten objektiv bewertest und verbesserst. Zum Beispiel so:

Bewertung

Beobachte dich mal selbst. Nimm dir ein paar Minuten nach jedem Meeting. War dein Meeting eine Zeitverschwendung? Denk darüber nach. Denk an das Verhalten der Teilnehmer, an die Gesprächsdynamik und die Inhalte, die behandelt wurden. Frag dich selbst:

  • Wer war abgelenkt?
  • Führte jemand Nebengespräche?
  • Wer hat die meiste Zeit gesprochen? Warst du es? Ein oder zwei andere Leute?
  • Hat sich die relevante Diskussion zu irrelevanten Themen verlagert?
  • Waren alle Meinungen und Ideen, die geäußert wurden, ziemlich ähnlich?

Wenn du diese Fragen mit „ja“ beantwortet hast – dann weißt du, dass du ein Problem hast.

Jetzt wollen wir aber mal nicht ganz so “deutsch” sein und auch mal einen positiven Blick auf dein Meeting werfen:

Gab es eine gesunde Debatte?

Wo waren die Teilnehmer engagiert?

Was willst du, um diese Art von Engagement zu fördern?

Frag mal Menschen, die regelmäßig an deinen Meetings teilnehmen. Ich habe es entweder unter vier Augen gemacht oder eine kleine Umfrage im Anschluss geschickt – die Umfrage natürlich anonym. Anonym ist meistens die bessere Alternative, weil die Mitarbeiter ehrlicher sind. Ich frage am liebsten:

  • Was hat gut funktioniert?
  • Soll ich zukünftig etwas weglassen?
  • Hat was gefehlt?

Ich habe gelernt, dass ich mich auf zwei Dinge konzentrieren muss: Vorbereitung und Durchführung.

Vorbereitung

Jeder weiß, dass man sich auf wichtige Dinge vorzubereiten hat. Dann wird es besser. Aber wenn es um Meetings geht, dann nicht. Jeder kommt wann er will, keiner hat Punkte vorbereitet und alle improvisieren. Inklusive des Meeting-Leiters. Wen wunderts, dass die Meetings reine Zeitverschwendung sind?

Ganz schlimm ist das bei den regelmäßig wiederkehrenden Teammeetings.

Ich zwang mich wie folgt vorzugehen:

Festlegen, warum wir uns treffen und was das Ziel ist.

Die anderen Teilnehmer dazu aufzufordern, Tagesordnungspunkte vorzuschlagen, denn das fördert:

  • Relevanz
  • Eigenverantwortung und
  • Engagement.

Wenn du aber keine Ahnung hast, was du willst und es keine Liste mit Tagesordnungspunkten gibt, dann sollte das Meeting besser ausfallen.

Und nun kommt´s: Wenn du weißt, um was es geht, dann solltest du entscheiden, wer dabei sein sollte und vor allem wer NICHT.

Viele Köche verderben den Brei. Schlussendlich führt das dann zu einer Kakophonie von Stimmen.

Bevor aber nun alle beleidigt sind, weil du sie nicht eingeladen hast (ja, das kann passieren), kannst du zwei Maßnahmen ergreifen:

Eine zeitgesteuerte Agenda (meistens wird das bei Geschäftsführungssitzungen gemacht) erstellen

Jedem, der nicht dabei war, ein Protokoll zukommen lassen

Zeit und Ort werden häufig unterschätzt. Einfach ist es, ein Meeting immer am selben Ort und zur selben Zeit stattfinden zu lassen. Diese Routine kann kontraproduktiv sein. Folgendes habe ich schon erfolgreich ausprobiert:

  • Umzug an einen anderen Ort
  • Treffen am Morgen statt am Nachmittag
  • Experimentieren mit unkonventionellen Zeitblöcken (z.B. 50 Minuten statt einer Stunde)
  • Ändern der Sitzordnung
  • Bei Gruppen von 2 bis 4 Personen einen Spaziergang machen
  • Meetings im Biergarten (gut, nicht jeder ist in München).

Stehen hilft die Effizienz der Besprechung und die Zufriedenheit der Teilnehmer zu erhöhen – wenn es nicht länger als 15 Minuten dauert.

Mein Problem war, dass ich zu viele wiederkehrende Meetings hatte, die auch stattfanden, wenn es nichts zu bereden gab. Es war halt Zeit – stand ja auch im Kalender.

Ich änderte auf unregelmäßige Meetings. Dadurch wurde die Anzahl der Meetings deutlich reduziert und gleichzeitig die Qualität der abgehaltenen Meetings verbessert.

Aber das war nur die halbe Miete!

Durchführung

Die Durchführung beginnt, sobald die Teilnehmer den Raum betreten. Denn Meetings werden oft als Unterbrechung gesehen, da von der „richten Arbeit“ abhalten.

Man kann den Teilnehmern am Anfang erstmal für ihre Zeit danken. Das wirkt Wunder. Ich würde mich auch immer dafür bedanken, dass Handys Laptops aus bleiben. Es braucht ja keiner mitzuschreiben – wir werden ein Protokoll haben. Immer.

Bei der Durchführung hat sich für mich das Weekly von Verne Harnish bewährt.

Ich nutze es seit fast zehn Jahren – mit kleinen Änderungen.

  • 5 Minuten: Good News. Wirklich, es lohnt sich mit einem kleinen Witz oder etwas Positivem anzufangen.
  • 10 Minuten: Die Prioritäten. Abgleich des Status der Prioritäten. Prüfung aller Kennzahlen, die nicht in den täglichen Zusammenfassungen aufgeführt sind.
  • 10 Minuten: Kunden- und Mitarbeiter-Feedback. Dies ist die Zeit, um Feedback von Kunden und Mitarbeitern zu überprüfen. Welche Probleme tauchen Tag für Tag auf? Was hören die Kollegen?
  • 30 bis 60 Minuten: 1 oder 2 Themen. Hier kommen wir zum Kern der Sache. Ich konzentriere mich nur auf 1 oder 2 Schlüsselthemen. Die basieren entweder auf dem Feedback des Teams oder kommen aus der Strategie.
  • Wer, Was, Wann (WWW). Wer hat gesagt, was er/sie wann tun wird“. Das ist dann das Protokoll. Mehr nicht!
  • One-Phrase-Close. Jeder Teilnehmer fasst das Meeting in einem Wort oder einem Satz zusammen. Dies ermöglicht es dir, einen Einblick in das Denken und Fühlen aller Anwesenden zu gewinnen.

Welche Techniken gibt es, um die Teilnehmer zur aktiven Teilnahme zu bewegen?

  • Versuch die Zeiten für jeden Tagesordnungspunkt einzuhalten.
  • Um das Interesse an einer Idee zu messen, bitte um ein Handzeichen.
  • Schweigen kann wichtig sein, damit die Teilnehmer Ideen entwickeln oder Meinungen bilden können, ohne die Gedanken anderer zu hören.

„Brainwriting“, zum Beispiel, beinhaltet, dass Individuen ruhig reflektieren und ihre Ideen aufschreiben, bevor sie sie laut mitteilen; die Forschung zeigt, dass dieser Ansatz mehr kreatives Denken hervorbringt als Brainstorming.

Stilles Lesen fand ich immer sehr gut.

Wenn die Teilnehmer in einem Meeting einen Vorschlag vor der Diskussion lesen, kann dies ihr Verständnis und ihre Beharrlichkeit für die neue Idee und damit ihre Auseinandersetzung mit ihr erhöhen.

Ich hatte 2 Moderationsprobleme zu lösen:

Ich musste mehr Leute zum Reden bringen und ich wollte, dass sie sich an einem echten Dialog und einer echten Debatte beteiligen.

Um das Teilnahmeproblem zu lösen, erinnerte ich immer daran, dass alle involviert sind. Ich bitte ruhigere Teilnehmer ihre Gedanken einzubringen oder bestimmte Tagesordnungspunkte zu leiten. Manchmal spielte ich selbst den Advocatus Diabolus und wenn das zu offensichtlich war, dann bat ich einen Kollegen. So kommt mehr Pep in eine Diskussion. Ein bisschen aus der Reserve locken kann schon helfen.

Wie ist es heute?

Obwohl ich meine Meetings proaktiv diagnostiziere und lerne sie zu verbessern, bleibt es ein Lernen. Das Problem Zeitverschwendung Meetings bekomme ich immer besser in Griff. Es gelingt aber nicht immer ein gutes Meeting zu leiten. Aber nach jedem Meeting beginnt der Prozess von vorne. So ist das halt. Wie alles im Leben, bleibt es ein kontinuierlicher Veränderungsprozess.

Mehr Tipps, wie man produktive Meetings führt, findest du hier.

Hier schreibt Kai Boyd
Mit jahrzehntelanger Erfahrung in Führungspositionen, darunter bei PricewaterhouseCoopers und Deutsche Telekom, Telefonica, deal united, Twilio und weg.de, hilft Kai Boyd Unternehmern und Einzelkämpfern, ihre Führungsfähigkeiten zu verbessern. Der Münchner und begeisterte Jogger bringt Expertise aus Konzernen, dem Mittelstand und Start-ups ein.

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